Rituale des Glücks
Hochzeitsbräuche mit Gänsehaut-Effekt – Eine Hochzeit markiert eine fundamentale Zäsur im Leben zweier Menschen, die uns zurück an unsere Ursprünge führt. Wir werden uns bewusst, dass schon vor Tausenden Jahren Menschen diesen wichtigen Schritt getan haben, und dass sich an den Gründen und Motiven dafür selbst in unseren hochmodernen Zeiten wenig geändert hat: die Bindung an einen festen Partner fürs Leben, der Wunsch, eine Familie zu gründen, und das Bedürfnis nach Liebe und Schutz.
Vielleicht ist das der Grund, warum so viele Paare – mögen sie auch sonst so nonchalant und progressiv sein – plötzlich herrlich konservativ werden, sobald es ums Heiraten geht. Vielleicht aber brauchen wir auch einfach nur etwas Sicherheit in einem Moment voller Ungewissheiten. Rituale, die schon seit jeher das Eheversprechen bekräftigten, sind eine beliebte Reminiszenz an Brauchtum und Tradition.
Verbunden damit ist stets die Hoffnung auf Glück und Zufriedenheit in der Ehe. Längst aber gehören Hochzeitsrituale auch einfach zu einem gelungenen Hochzeitsfest dazu – denn in ihnen liegt bei aller Romantik und Symbolkraft auch ein hoher unterhalterischer Wert.
Heimische Bräuche
Alte deutsche Hochzeitsbräuche haben in den vergangenen Jahrhunderten Konkurrenz bekommen. Oft ist die genaue Herkunft gar nicht mehr festzustellen, weil es sich im Wandel der Zeiten mit unzähligen anderen Einflüssen vermischt hat. Doch einige wirklich heimische Bräuche gibt es noch.
Holzstammsägen: Wie gut spielen Sie zusammen?
Gemeinsam an einem Strang ziehen – das wünschen auch Sie sich sicher für den Verlauf Ihrer Ehe. Schon an Ihrem Hochzeitstag können Sie sich darin erproben – beim Holzstammsägen. Ein alter Hochzeitsbrauch, der bis ins Mittelalter zurückreicht und vor allen in Süddeutschland und der Schweiz verbreitet war und ist.
Dabei wird ein Holzstamm stabil aufgebockt, das Brautpaar greift zur Baumsäge – und los geht’s. Einer schiebt, einer zieht – bis der Ast durchgesägt ist. Das sollte möglichst schnell und harmonisch geschehen – ein Zeichen dafür, dass Sie gut aufeinander eingespielt sind und wie Sie künftig in strittigen Situationen miteinander zurecht kommen: Wenn beide ziehen, reißt das Band irgendwann.
Brautentführung: Wer bekommt die Braut?
Diese Tradition reicht bis ins Mittelalter zurück und verspricht eine gehörige Portion Spaß und Nervenkitzel am Hochzeitstag. Allerdings muss dafür auch ausreichend Zeit eingeplant werden, in der Braut und Bräutigam in der Hochzeitsgesellschaft abwesend sind. Was heute wie ein Spiel anmutet, war ursprünglich bitter Ernst. Denn im Mittelalter war es üblich, dass Gutsherren die Bräute ihrer Untertanen in deren Hochzeitsnacht für sich beanspruchten und überfallartig entführten.
Heute steht das Nachstellen dieser Unsitte für Schutz, den der Bräutigam seiner Frau verspricht, aber auch für seine Treue. Üblicherweise wird die Braut in einem „günstigen“ Moment, etwa beim Tanzen, von vorher abgestimmten „Brauträubern“ entführt und an einen dem Bräutigam unbekannten Ort gebracht. Meist eine Kneipe, in der Braut und Räuber dann auf Kosten des Bräutigams so lange zechen, bis dieser seine Liebste nach aufopfernder Suche endlich wiedergefunden hat.
Seilspannen: Wegzoll fürs Eheglück
Die genaue Herkunft des Brauchs ist unbekannt. Aber gerade in ländlichen Gegenden erfreut er sich ungebrochener Beliebtheit. Die Hochzeitsgäste – häufig die Kinder – säumen dabei die Straßen auf dem Weg von der Kirche oder vom Standesamt zur Festlokalität und haben diese quer mit bunten Bändern überspannt. Will das Brautpaar passieren, muss es sich den Weg freikaufen.
Erklärt wird dieses Ritual unterschiedlich. Mal soll sich das Paar auf diese Weise ihrer Jugendsünden entledigen, mal symbolisiert es die erst große Belastung für die junge Ehe. Eine andere Variante sieht das Spannen eines Seils direkt vor der Kirchen- oder Amtspforte vor, das dann vom Bräutigam durchschnitten werden muss – natürlich erst, nachdem die jungen Torwächter mit Münzen zum Wegschauen gebracht wurden.
Kindsbaum: Damit der Storch bald Kinder bringt
Selten geworden ist dieser vermutlich aus dem süddeutschen Raum stammende Brauch. Der Kindsbaum wird vor der Hochzeit in liebevoller Handarbeit gefertigt, in der Regel von Freunden und Verwandten des Brautpaares. Am Tag der Hochzeit wird er am Ort der Trauung oder am Haus der Brautleute aufgestellt und mit allerlei Baby-Utensilien wie Schnullern, Stamplern etc. geschmückt. Auf seiner Spitze thront ein Storch – seit jeher der Legende nach das Tier, das die Kinder bringt.
Der Baum soll die Vermählten daran erinnern, dass sie nun möglichst rasch Nachwuchs zeugen sollten. In abgewandelter Form entspricht diesem Brauch das Aufspannen einer Wäscheleine mit Baby-Sachen oder das Aufbringen eines Storchen-Symbols auf Häuserwänden oder Bäumen.
Schleiertanz – Wer wird die Nächste sein?
Der sogenannte Schleiertanz ist eine der ältesten Hochzeitstraditionen, die sich im deutschen Sprachraum nachweisen lassen. Die frühesten Überlieferungen dieses Brauchs am Tag der Hochzeit stammen aus der Zeit der alten Germanen. Was harmlos klingt, geht in der Tat ziemlich hoch her – und der Schleier der Braut muss am Ende des Tages sein Leben lassen. Üblicherweise sind hier die Brautjungfern und unverheirateten weiblichen Gäste der Hochzeit die Hauptakteure.
Gegen Mitternacht, wenn die Schatten der Tanzenden und Feiernden immer länger werden, rauben sie in einem „günstigen“ Moment den Schleier der Braut – und zerreißen ihn zahlreiche kleine Stücke. Wer ein Fetzchen ergattert, der wird – so der alten Überlieferung nach – vom Glück der Frischvermählten profitieren und alsbald selbst heiraten. Eine äußerst unterhaltsame Version des „Trash-the-Dress“-Trends, der zudem die Gäste aktiv mit einbezieht.
Wer seinen kostbaren Schleier nicht opfern mag, dem sei die schonende Abwandlung des Spiels ans Herz gelegt. Dabei werden der Braut mit dem Schleier die Augen verbunden. So „erblindet“, muss sie nun auf Jungfernjagd gehen. Die erste, die sie fängt, wird als Nächste unter die Haube kommen.
Bräuche international
Manche Hochzeitsrituale sind uns so vertraut und nah, dass wir kaum auf die Idee kommen würden, dass ihr Ursprung ganz woanders liegt. Tatsächlich aber stammen viele der auch hierzulande beliebtesten Hochzeitsbräuche aus der Ferne. Meist sind es die mit der längsten Tradition.
Die Hochzeitstorte
Sie ist das beste Beispiel eines hierzulande kaum wegzudenkenden Hochzeitsbrauchs mit weit entfernten Wurzeln. Bereits im alten Rom teilte das Brautpaar sich einen Hochzeitskuchen, und über dem Kopf der Braut wurde ein Mandelkuchen zerbröselt. Bis heute ist Marzipan (gewonnen aus Mandeln) eine der wichtigsten Zutaten für eine traditionelle Hochzeitstorte. Vermutlich geht der Ritus auf den noch älteren Brauch des Teilens von Brot zum Zeichen der Verbundenheit oder Versöhnung zurück.
Ähnliche Bräuche aus England und Amerika datieren zurück ins 18. Jahrhundert und bestanden darin, Kuchen als Gastgeschenk mitzubringen und ihn zu einem Turm aufzuhäufen. Darüber hinweg musste sich das Brautpaar dann küssen. Heute ist es im Allgemeinen üblich, dass Braut und Bräutigam die meist mehrstöckige Hochzeitstorte gemeinsam anschneiden und das erste Stück verzehren, ehe der Rest unter der Hochzeitsgesellschaft aufgeteilt wird.
Andere Varianten sehen den Anschnitt durch die Braut vor, die dann ihren Liebsten mit Kuchen füttert. Gemeinsam ist all den unterschiedlichen Ansätzen, dass sie das Glück des jungen Paares segnen sollen.
Im Reis liegt das Glück
Das Paar tritt aus dem Standesamt oder der Kirche heraus vor die Hochzeitsgesellschaft – und versinkt in einem Regen aus Tausenden kleinen Reiskörnern. Es ist einer der bekanntesten Hochzeitsbräuche weltweit; seine Ursprünge aber liegen in Asien, der unangefochtenen Heimat des Reiskorns. Primäre Nahrungsquelle über Jahrtausende hinweg, erfolgte das Streuen von Reis zur Hochzeit stets in Verbindung mit der Hoffnung auf eine glückliche Ehe mit reichem Kindersegen und ohne materielle Not.
In der heutigen Zeit ist vor allem die Symbolik geblieben, die zudem häufig aus Gründen des ökologischen Bewusstseins (Nahrungsverschwendung!) heraus abgewandelt wird. So eigenen sich zum „Bestreuen“ des Paares auch wunderbar Blütenblätter, Konfetti oder Seifenblasen.
Mit Herz und Schwung über die Schwelle
Einer der ältesten Hochzeitsbräuche überhaupt – und die wenigsten wissen es. Das Tragen der Braut über die Schwelle des gemeinsamen Hauses (heute häufiger der Wohnung) durch den Bräutigam ist seit den Babyloniern um 3000 vor Christus überliefert. Der Brauch geht zurück auf die damals weit verbreitete Angst vor bösen Geistern und Dämonen, die – so die Vorstellung seinerzeit – mit Vorliebe unter Türschwellen lauern und den Frischvermählten ihr Glück durch listige Stolperfallen streitig machen.
Mit dem Tragen über die Schwelle zeigt der Bräutigam seiner Braut, dass er sie von nun an vor allem Ungemach schützen wird. Heute wird der Brauch von vielen Brautpaaren auch als Symbol der Liebe gedeutet, indem der Bräutigam die Braut sprichwörtlich auf Händen trägt. Mit ihm wird in aller Regel der intimste Moment der Hochzeit überhaupt eingeläutet: die Hochzeitsnacht.
Tauben – Liebesboten in Weiß
Ein äußerst populäres Ritual, das zudem auch für Standesamt und Kirche wunderbar geeignet ist. Allerdings sollten Sie Ihr Vorhaben vorher mit dem Amt oder dem Pfarrer absprechen. Es erweitert den Kreis Ihrer Trauzeugen um weißgefiederte Glücksboten, die die Nachricht Ihrer Vereinigung in die Welt tragen. Das Aufsteigenlassen der Tauben durch das Brautpaar ist nicht nur ein Erlebnis für die Sinne, es gehört auch zu den emotionalsten Momenten, denn es verleiht Ihrer Liebe buchstäblich Flügel.
So steht der Brauch denn auch für Glück, aber auch für Harmonie und für Treue – denn: Tauben bleiben ihrem Partner ein Leben lang treu. Weiße Tauben für die Hochzeit können Sie bei einschlägigen Züchtern oder Veranstaltern buchen. Allerdings empfiehlt sich auch hier etwas Recherche oder am besten ein persönlicher Besuch am Taubenschlag im Vorfeld. Sicher sollen Ihre Glücksboten selbst auch ein glückliches Leben führen.
Eine immer beliebter werdende Alternative zur (in Gefangenschaft lebenden) Taube stellt übrigens das Freilassen von Schmetterlingen dar – ein Brauch, der ursprünglich aus Hawaii kommt.
Himmelslaternen – nur mit Erlaubnis!
Ein ganz besonderes Spektakel sind die gerade bei Hochzeitsgesellschaften so beliebten Himmelslaternen. Mit einer Kerze und Glücksbotschaften bestückt, steigen sie als leuchtende Hochzeitsgrüße in den abendlichen Himmel, bis sie nur noch als Stern am Horizont wahrnehmbar sind.
Doch ist Vorsicht geboten bei dem Brauch, mit dem in China ursprünglich über weitere Distanzen kommuniziert wurde. Glück und Gesundheit soll er symbolisieren – und hat doch auch schon manches Unglück gebracht. Denn, was so schön aussieht, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als gefährlicher Brandsatz. In den meisten Bundesländern ist er daher verboten – aber es gibt Ausnahmen. So auch in Sachsen.
Auf Antrag kann unter strengen Auflagen eine entsprechende Genehmigung erteilt werden. Ein solcher muss mindestens zwei Wochen vor der Feier beim Ordnungsamt gestellt werden. Alternativ empfiehlt sich die weniger gefährliche Variante: Lampions einfach als Schiffchen aufs Wasser setzen und schwimmen lassen.
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